Barbara Studer: Das Beste aus meinem Erzählerleben

Dann werde ich wohl dereinst sagen...

Portrait von Barbara Studer

Eigentlich stecke ich in den Kinderschuhen, in meinem Erzählerinnenleben. Oder strample ich erst mit den Beinen herum, hab das Laufen noch gar nicht gelernt? Wohl eher das Zweite. Norbert weiss das und trotzdem hat er mich gebeten, einen Text für diesen Blog zu schreiben. „Ja, mach ich gern“, hab ich gesagt. Jetzt schlucke ich leer, weil ich noch so ‚klein‘ bin und vom Besten erzählen sollte. Aber schliesslich hat jede Geschichte einen Anfang  und davon will ich berichten.

 

Geschichten haben mich geprägt. Begonnen hats als ‚bücherverschlingendes‘ Kind und ebensolche Jugendliche, ist weitergegangen über die ‚bücherempfehlende‘ Buchhändlerin, die Journalistin, die Geschichtenschreiberin, bis zur Geschichtenleserin …

 

Dazu kam ich vor etwa zehn Jahren. Als Hommage an einen bekannten Sagenforscher und begnadeten Sagenerzähler aus der Innerschweiz fand jährlich ein Geschichtenabend statt. Vier Autorinnen und Autoren wurden angefragt, eine Geschichte zu schreiben. Diese wurden schliesslich im Saal eines geschichtsträchtigen Gasthauses gelesen. Ein beliebter Anlass. Und dort – in dieser für mich erlauchten Halle – durfte ich zum ersten Mal lesen! Vor vollem Saal! Das war ein magisches Erlebnis! Mucksmäuschenstill wars und die Leute hingen an meinen Lippen.

 

Das eröffnete mir eine neue Dimension. Meine Geschichte wirkte nicht nur in mir, sondern auch in anderen. Die Bilder, die ich in Kopf und Herzen hatte, lösten Bilder in anderen aus, berührten, liessen sie schmunzeln, nachdenklich werden, lachen. Wir teilten eine Geschichte! 

 

Seither bin ich infiziert vom ‚Vorlesevirus‘, habe ab und an gelesen, eigene Geschichten für Erwachsene oder Kinder, dann Sagen und vor einiger Zeit hab ich begonnen, Geschichten zu erzählen. 

 

Wieder eine neue Dimension, die mir noch direkter, noch näher bei der Geschichte, bei mir und bei den Zuhörer/innen scheint! Ich bewege mich freier als beim Lesen und verkörpere die Geschichte. 

 

Das durfte ich kürzlich erleben, als ich an einer Schule Geschichten las. Zum Schluss erzählte ich die Sage vom Bichelsee, der zur Gemeinde gehört, in der ich gelesen hatte. Die Kinder gingen mit, lachten, hörten gebannt zu, wichen gar zurück, wenns gruslig wurde. Und zum Schluss meinten viele, dass ihnen diese Geschichte am besten gefallen habe.

 

Und jetzt kommts, etwas vom Besten aus meinem Erzählerinnenleben: Das durfte ich letztes Jahr im Schloss Goldrain im Südtirol erleben. Eine Woche eintauchen in Geschichten an einem wunderschönen Ort, mit besten Dozenten Spannendes rund ums Geschichtenerzählen lernen, Spass haben und berührende Geschichten hören, von Norbert Kober, Reinald Rickmeyer, Marlis Kramer, Monika Aigner, Karla Krauss und vielen anderen. Und eine erste Geschichte selbst erarbeiten.

 

Mich hats gepackt, deshalb bin ich am Herumstrampeln, will gehen lernen und besuche den Zertifikatskurs zur Erzählerin. Die erste Woche im Haus Buchenried am Starnbergersee ist schon vorbei  – wieder ein umwerfend schöner Ort – Erzählerinnen müssen Königinnen sein!

 

Weiter wird’s gehen! Norbert hats ‚angedroht‘ und uns zur einundzwanzigjährigen Reise als Erzähler/innen willkommen geheissen. Darauf bin ich gespannt und auch auf meinen nächsten Lese- und Erzählabend am 11. Juni in Aadorf (CH). „Liebe, Triebe, Saitenhiebe“ haben wir ihn tituliert. Ich lese und erzähle Geschichten begleitet von zwei Musikern. Und wenn es mir gelingt, in den Köpfen und Herzen der Anwesenden, Bilder zu erzeugen, ihnen Freude zu bereiten, Geschichten mit ihnen zu teilen: Dann werde ich wohl dereinst sagen: das war etwas vom Besten aus meinem Erzählerinnenleben. Hoffentlich!

 

Barbara Studer

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Kommentare: 1
  • #1

    Elisabeth (Donnerstag, 05 Mai 2016 18:09)

    Liebe Barbara, wie freu ich mich zu lesen, dass du dem Ruf deines Herzens gefolgt bist. Ich erinnere mich noch sehr genau wie mitreisend du deine "schwierige" Geschichte in Goldrain vorgetragen hast. Ja und DEINE Geschichte, jene welche du in Goldrain geschrieben hast und mir liebevollerweise zugesendet hast, habe ich an meine Mama weitergegeben. Ich legte sie ihr auf ihren Platz und sagte nichts dazu. Einige Zeit später begann sie ihre Familiengeschichte aufzuschreiben. Deine Worte haben sie tief berührt!
    Liebe Barbara, ich wünsche dir ganz innig, dass du dem Satz von Susanna Tamaro stets folgen kannst " Geh wohin dein Herz dich trägt"!
    Es grüßt dich herzlich
    Elisabeth