Jutta Gromes: Das Beste aus meinem Erzählerleben

Wie man zu guten Geschichten kommt… 

Foto von Sonja Tritschler

Als ich gebeten wurde, einen Text für diese Rubrik zu schreiben, dachte ich zuerst mal: „Wow, welche Ehre!“ und: „Oh, so viel Erfahrung als Erzählerin habe ich ja noch gar nicht! – Was schreib ich nur?“

 

Geschichten hab ich schon immer sehr geliebt und als Kind meine Mutter damit gelöchert, mir ihre eigenen Geschichten zu erzählen, womit sie etwas überfordert war. Meine Oma hat dann, um meinen Durst nach Geschichten zu stillen, jeden Abend aus einem großen Märchen- und Sagenbuch vorgelesen und mich das Zuhören gelehrt. 

Später als Erwachsene habe ich dann als Schlossführerin im wunderschönen Schloss Weikersheim selbst begonnen zu erzählen und bemerkt, dass ich die Menschen mit Geschichten erfreuen kann und auch selbst eine große Freude daran habe.  

 

Irgendwann war der Entschluss gereift, sich selbst auf die Suche nach Geschichten zu begeben. – Doch wo suchen? Wo sind die Geschichten? Wo kann ich ein Repertoire herbekommen? Natürlich bei den Menschen! -Wo denn sonst? Also machte ich mich auf, um Geschichten zu suchen. Der beste Ort dafür schien mir ein großer Park bei bestem Sommersonnenwetter zu sein, um dort nach Menschen Ausschau zu halten, die mir ihre Geschichten erzählen würden. Und an diesem Tag standen die Sterne gut für mich: Zuerst fiel mir ein älterer Mann ins Auge, der auf einem Teppich im Schneidersitz sitzend die Umgebung betrachtete. Ich stellte mich vor und bat ihn um eine Geschichte für mein Repertoire. Er bat mich auf seinen Teppich und erzählte mir Erlebnisse aus seinem Tag. In der kurzen Zeit, während wir da beisammensaßen, entwickelte sich zwischen uns eine große Nähe und wir schieden im allerbesten Einvernehmen – und ich mit einer wunderschönen ersten Geschichte im Gepäck.

 

Solcherart gestärkt fiel mein Blick ein Stück weiter auf eine Gruppe von Erwachsenen und Kindern unter einem Baum auf einem Teppich bei den Vorbereitungen zum Grillen. Ich stellte mich vor und bat wieder um eine Geschichte. Wieder wurde ich freundlich auf den Teppich gebeten und war zu Gast bei einer afghanischen Familie, die mir zuerst einmal Tee und Gebäck reichte. Auch hier wurde mir vom Vater der Familie eine Geschichte aus seiner Heimat geschenkt, die ich in einer ähnlichen Form auch hier in Deutschland bereits einmal gehört hatte. Wir verglichen die Versionen unserer Geschichten miteinander und waren uns einig, dass der Kern übereinstimmte und unverändert Gültigkeit hatte. Die Kinder übrigens hingen die ganze Zeit wie gebannt an unseren Lippen und auch die anderen Erwachsenen hatten jede Arbeit eingestellt, um uns zu lauschen.      

 

Gerne wäre ich noch länger bei ihnen geblieben und sie ließen mich auch nur mit einer weiteren Portion Gebäck meinen Weg fortsetzen. 

 

Ja und wenn ihr jetzt neugierig geworden seid auf meinen weiteren Weg und die Geschichten, die mir geschenkt wurden und die seitdem zu meinem Repertoire gehören und die ich hüte, um sie weitergeben zu können, dann besucht mich doch einmal an einem Erzählkunstabend und sperrt Mund und Augen auf und staunt…

 

Jutta Gromes

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