10 Fragen an Susanne Kronstein

Portrait von Susanne Kronstein

1. Kannst Du dich erinnern, wann du zum ersten Mal erzählt hast?

Vor dem Erzählen kommt das Erleben. Eine Geschichte erzählen kann ich nur wenn ich sie auch innerlich erlebe, sie spüre, sie in mir lebendig wird! So erinnere ich mich spontan an die Geschichten die ich ganz früh als kleines Kind ERLEBT habe! Da wurde bei mir wohl der Samen zur Erlebnisfähigkeit gelegt. Heute betrachte ich die Erlebnisfähigkeit als sehr wichtig, um sich an Büchern und Erzählungen freuen zu können. Ja! Überhaupt um das Interesse bei Kindern am Lesen erstmal zu entfachen muss es erleben können! Das was Kinder am PC und im Fernsehen „erleben“ ist kein Erleben mehr! Erleben muss man mit allen Sinnen!

Mein Hunger nach Erlebnissen war nicht leicht zu ertragen für meine Eltern und nicht leicht für meine Oma vom Land, bei der ich oft mit meinem Bruder sein durfte und auch musste weil unsere Mutter mal schwer krank war. Ein wildes und freies Leben war das und heute verstehe ich, welche Sorgen sich meine Oma gemacht haben muss wenn ich mal nach dem Kindergarten nicht heim kam, weil der Bach der den Heimweg kreuzte mir wieder seine Geschichten erzählt hat … bis sie mich gesucht haben und dann dort am Bach gefunden. 

 

Oder wenn ich wieder so lange mit dem Tagelöhner des Ortes auf seinem Pferd Fritzi mit unterwegs war. Damals wurde aus dem Dorf der Müll auf einen Anhänger gekippt und vom dicken, schweren Fritzi zu einer Müllkippe im Wald gezogen. Ich bin geritten, hab mich am Kummet eingekrallt und war glücklich. Manchmal blieb ich auch einfach auf dem Fritzi sitzen während der alte Bauer sich ein Bier in der Wirtschaft schmecken ließ und noch eins ... bis sie mich wieder gesucht haben … wenn ich bei meiner Tante Irmi auf dem Land zu Besuch war verschwand ich oft ewig mit Purzel dem Hund im Wald um die Natur zu erkunden. Oder ich war im Kuhstall gegenüber bei den Kälbern. Danach roch die ganze Wohnung immer nach Stall. Ich hatte so liebe Verwandte Ansonsten bin ich in München aufgewachsen.

 

Erzählt habe ich das erstemal den Kindern in der musikalischen Früherziehung. Und  da habe ich auch sehr gerne selber Geschichten erfunden oder mit meiner kleinen Stabmarionettenbühne gespielt. Das war so ab dem Jahr 1985.  

2. Wie bist du zur Goldmund-Erzählerin geworden?

Beim Surfen im  Internet kam ich zu der Seite der fahrenden Mundwerker und mein Vagabundenherz schlug mir bis zum Hals. Geschichtenerzähler, Märchenerzähler … der Gedanke daran umfängt mich heimelig und entrückt mich fast augenblicklich in eine andere Welt. Es gibt so schöne Geschichten! Ich wollte mein Erzählen niemals nur auf Märchen reduzieren. Und als ich mir dann die Goldmundseite angesehen und tagelang die Videos auf youtube angesehen hatte stand mein Entschluss fest! Da will ich hin.

 

3. Wo erzählst du am liebsten?

Hm … das ist mir eigentlich egal. Aber Story Dinner mag ich sehr gerne. Oder einfach draußen auf der Wiese, im Wald, in alten Gemäuern. 

 

4. Wie bringt man dich aus der Fassung?

 Das schafft nur mein Schatz ;-) Wir sind beide Widder und gehen recht herzlich 

 widderlich miteinander um. Da wird viel erwiddert und widdersprochen. Aber so 

 ein Gewidder dauert auch nie lange und alles ist widder gut.

 

5. Es war einmal... deine allererste Erzählung.

Daran kann ich mich jetzt gar nicht mehr erinnern. Bestimmt irgendeine Pferdegeschichte. 

 

6. Dein Tipp für das erste Mal?

Sehr gut vorbereiten. Je mehr ich mich mit der Geschichte befasse umso mehr LEBE ich in ihr, bis ich so weit bin dass ich denke ich habe sie selber erlebt. Dann fühle ich auch fast so als würde ich etwas selbst Erlebtes erzählen. Voraussetzung ist dass ich die Geschichte mit ihren Geschehnissen liebe und selbst erleben wollen würde.

 

7. Wo findest du deine Geschichten?

Lesen, lesen, lesen … bin so froh dass ich den kindle ebook reader habe. Die Klassiker bekommt man damit umsonst. Ohne dieses Gerät bräuchte ich schon längst Anbau im Bücherregal. Aber ich sperre auch die Ohren auf wenn Geschichten erzählt werden. Wie jetzt unlängst eine Seniorin meiner Mundharmonikagruppe, die uns eine wunderschöne Geschichte mit wahrem Hintergrund erzählte. Wenn ich eine Geschichte so tief erlebe, mich eine Geschichte so tief berührt (sie braucht dazu erstaunlicherweise nicht mal gut erzählt worden zu sein) kann ich sie mir auch leicht merken.

 

8. Dein schönstes Erzählerlebnis.

Das war, als ich mit dem Kamishibai einer Gruppe Kinder eine Herbstgeschichte erzählte. Ein bitterlich weinender Junge kam mit seiner Mutter und er hörte nicht damit auf. Selbst dann hörte er das Weinen nicht auf als ich mit der Geschichte begann. In der Geschichte spielte ein Drachen mit. Also so einer den die Kinder im Herbst immer in den Himmel steigen lassen. Dieser kleine Drachen verfing sich im Geäst und weil ein Gewitter kam liefen alle Kinder mit ihren Drachen nach Hause. Der kleine Drache weinte im Baum. Wie ich da so mit weinender, luftschnappender, abgehackter Stimme den verzweifelten kleinen Drachen nachmachte überzog plötzlich ein liebes, fast verlegen wirkendes Schmunzeln das Gesicht des Buben und der Weltschmerz hatte ein Ende.

 

Sehr schön ist es aber auch zu erleben wenn eine Geschichte in mir selber zu Leben anfängt. Wenn ich drin bin in ihr und die Umgebung fast vergesse. 

 

9. Wie bereitest du dich vor?

Ich geh mit Julehund Gassi. Draußen in Feld und Wald kann ich am besten lernen und 

habe die besten Ideen („Bilder, Einfälle“). Das war schon immer so. 

 

10. Was sind deine Pläne für die nächste Zukunft?

Ich wusste schon während der Ausbildung, als Helga Gruschka und Norbert Kober das Kamishibai vorstellten dass dieses kleine Theater mit mir noch was vorhat … Über die Jahre ist es mir immer lieber und wichtiger geworden. Alles was mir Freude macht kann ich mit dem Kamishibai verwirklichen. Erzählen, Bilder dazu malen, Musik machen und Singen. Da findet alles seinen Platz. Und diese wundervolle Gabe und Freude möchte ich teilen. Deshalb habe ich das Kamishibai Forum geschaffen und begrüße dort alle Kamishibai Freunde und solche die es werden wollen herzlich, um sich zu begegnen, sich auszutauschen und auch mal gemeinsam was zu unternehmen. Ich lade sie ein sich an Instrument und ihre Stimme zu trauen. Dann wird das Erzähltheater eine runde Sache mit allen Sinnen.

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