Reinald Rickmeyer: Das Beste aus meinem Erzählerleben

Ja, aber was ist das Beste aus meinem Erzählerleben?

Foto von Reinald Rickmeyer

Sind es die strahlenden Kinderaugen in den Krankenbettzimmern oder das Kind, das mir einmal zurief:" Erzähl doch langsamer, damit ich das besser sehen kann.!" ?

 

Waren es die fröhlichen  Kutschfahrten durch eine blühende Landschaft an wunderbare Erzählorte oder die Männer, die nach einer Veranstaltung zu mir kamen und sagten, wie sehr sie die Geschichten berührt hätten? Oder doch die stimmungsvollen Erzählabende in dem Gewölbekeller eines Weingutes, die festlichen Erzähldinners......?

 

Ich kann mich schwer entscheiden, ein Erzählerleben ist so reich und vielfältig.

 

Besonders eindrücklich aber ist mir noch eine Veranstaltung in der Uni Regensburg. Eine liebe Kollegin hat dort eine Professur für Musik. An einem geplanten Erzählabend wollte ich gern "Die Götter gehen spazieren" erzählen und suchte noch nach einer entsprechenden Musik bzw. Instrumenten zur Einstimmung, evtl. auch zur Gestaltung.

Die Kollegin führte mich in einen großen Raum  voller Gongs. Eine solche Vielzahl an Gongs und Schlegeln, um darauf zu spielen, hatte ich noch nicht gesehen und erlebt. Phantastisch! Wie reich und schöpferisch könnten die Bilder der Geschichte mit ihnen noch mehr erschlossen werden. Aber nicht nur das.

 

Als der kleine Tschu vom Abt des Klosters die Aufgabe bekam, die Tempelhalle zu fegen und den Gott des Feuers, des Krieges und  all die anderen bat, in dieser Zeit einen Spaziergang zu machen, da hatte meine Kollegin die Idee auch Ihr Lieblingsinstrument, das Klavier einzusetzen.

 

Wir experimentierten, fabulierten, phantasierten - und das ist etwas Wunderbares in einem Erzählerleben!! Um es kurz zu machen, die etwa 80 StudentInnen, die den Erzählabend besuchten, sahen und hörten wie gebannt, wie ich diese Geschichte erzählte und meine Kollegin währenddessen auf dem Klavier spielte und es dabei - so unglaublich es klingen mag - teilweise auseinandernahm und wieder zusammensetzte, um bestimmte, einzigartige Klangkompositionen zu zaubern. Türen in eine andere Welt öffneten sich. Der "gelbe Alte" stand da inmitten all der hohen Himmelsherren, die milde Königinmutter des Westens, die den ganzen Reigen der Feen anführt, grüßte mit dem ihr eigenen, bezaubernden Lächeln, als sie die Tempelhalle verließ.

 

Man hätte die berühmte Stecknadel lautstark auf den Boden fallen hören bei diesem 80igfachen intensiven, bildprächtigen Kopfkino und die Zuhörer, wie die liebe Marlis so schön sagte, "nicht nur den Wildbach rauschen hörten".....

 

Kaum jemals wieder habe ich eine solche Spannung, Intensität und Einklang zwischen Erzähler, Zuhörer und Musiker gespürt, erlebt. Es war für alle sehr eindrucksvoll, es klingt noch heute in mir nach, weil es so außergewöhnlich war.

 

Außergewöhnlich finde ich auch immer wieder das Engagement der 17 Schülerinnen und Schüler, die an einer Fachschule für Sozialpädagogik an einem 2jährigen, ausbildungsbegleitenden Erzählkurs teilnehmen. In 10  Modulen (Wochenenden) erarbeiten sie mit viel Freude, Mut und gegenseitiger Unterstützung ihre Erzählkompetenz und erlernen mit großem Eifer und viel Motivation erzählpädagogische Fertigkeiten.

 

Diese Ausbildung endet mit einem großen Erzählfest vom 28. - 30. April 2016. Hier gibt es zahlreiche Veranstaltungen für Kinder aus verschiedenen Einrichtungen, in denen die Schülerinnen und Schüler erzählen. Weiterhin sind Veranstaltungen für Familien vorgesehen und zum Abschluß ist eine größere öffentliche Veranstaltung unter Motto "Wiener Kaffeehausgeschichten" mit Norbert und mir geplant, in deren Rahmen die TeilnehmerInnen des Erzählkurses feierlich zertifiziert werden.

 

Wer auch immer Lust hat, bei den "Wiener Kaffeehausgeschichten" dabei zu sein, ist herzlich eingeladen und kann sich gerne bei mir melden!

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